Er zählt neben dem „Muscle-up“ und der „Human Flag“ zu den Königsdisziplinen der Körpergewichtsübungen. Um ihn zu meistern, bedarf es einer perfekten Symbiose aus Koordination, Kraft und Mobilität. Zugegeben: Auch ein Schuss Mut ist dabei nicht ganz unabdingbar.
Wer sich aber einen echten „Allround-Athleten“ nennen möchte, kommt um ihn nicht herum. Die Rede ist natürlich von der Mutter aller Turndisziplinen- dem Handstand! Den Handstand lernen ist dabei gar nicht so schwer – wir zeigen dir wie!
Das Balancieren auf Händen ist dabei keineswegs ein modernes Phänomen. Bereits zu Zeiten der legendären deutschen Turnbewegung, Anfang des 19 Jahrhunderts, wurde der Handstand fleißig praktiziert. Aufgrund der stetig wachsenden Popularität von Calisthenics, also dem Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht (auch unter Bodyweight Training bekannt), erfährt das Kopfüber-Manöver momentan jedoch eine beachtliche Renaissance. Und das völlig zu Recht, wie wir von Online Fitness meinen!
Die Ausführung eines Handstandes sichert dir nämlich nicht nur bewundernde Blicke im heimischen Fitnessstudio, sondern schult obendrein auch noch deine Körperbeherrschung, den Gleichgewichtssinn und last but not least die Körperspannung. Eine Win-Win-Situation also!
Doch wie kann man einen Handstand lernen?
Egal ob blutiger Fitnessneuling, oder erfahrener Kraftsportler, der folgende Artikel bietet dir unabhängig vom sportlichen Status quo eine detaillierte Schritt für Schritt-Anleitung, wie auch du es schaffst deine Welt in kürzester Zeit, im wahrsten Sinne des Wortes, auf den Kopf zu stellen – einen Handstand lernen.
Inhaltsübersicht
- 1 Der Handstand: Die verschiedenen Variationen!
- 2 Handstand lernen – die Schritt für Schritt Anleitung
- 3 Handstand lernen: Die Do´s and Dont´s!
- 4 Handstand lernen: Wozu überhaupt?
- 5 Was trainiert der Handstand?
- 6 Handstand lernen: Tipps, Tricks & Vorübungen
- 7 Der Handstand: Wissenswertes & Unnütze Fakten
- 8 Abschließende Gedanken
Der Handstand: Die verschiedenen Variationen!
Eines steht fest: Handstand ist nicht gleich Handstand! Es gibt ihn in allen erdenklichen Ausprägungen und vor allem in vielen verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Während für die meisten der klassische Handstand schon das höchste der Gefühle ist, kann es für so manchen Handstand-Routinier nicht ausgefallen genug sein. Hier ein kleiner Vorgeschmack auf das unerschöpfliche Reservoir an Handstand-Variationen:
- Eagle-Handstand
- Handstand mit angewinkelten Beinen
- Straddle Split-Handstand
- Split-Handstand
- Einhändiger Handstand
Ihr seht also: Wenn ihr eure Hausübung gewissenhaft gemacht habt und den klassischen Handstand bereits im Schlaf meistert, gibt es zahlreiche Möglichkeiten euer Können weiter zu intensivieren. Gemäß dem Motto „Lerne erst zu stehen, bevor du läufst“, fokussieren wir uns in diesem Artikel jedoch zunächst einmal darauf den klassischen Handstand zu lernen. Jetzt kommen wir nun auch zur versprochenen Schritt für Schritt-Anleitung.
Handstand lernen – die Schritt für Schritt Anleitung
Ich versuche dir in diesem Handstand Tutorial Schritt für Schritt zu zeigen, wie man einen Handstand lernt. Je nach deinem aktuellen Fitnesslevel werden dir die verschiedenen Schritte einfacher fallen oder du benötigst ein bisschen mehr Zeit zum Erlernen der verschiedenen Vorübungen.
Schritt 1: Handstand an der Wand (Kopf zur Wand)
Um die Verletzungsgefahr so gering wie möglich zu halten, beginnt das Erlernen des Handstandes zunächst an der Wand. So gewöhnst du dich langsam an die Körperposition und deine Muskeln an die entsprechende Belastung.
- Suche dir eine Wand, wo du genügend Platz zur Seite hin hast. So beugst du bei einem eventuellen Umkippen Verletzungen vor.
- Nehme vor der Wand die Liegestützposition ein und setze deinen Körper unter Spannung. Deine Fersen berühren dabei die Wand.
- Nun gehe mit beiden Füßen langsam und Schritt für Schritt der Wand entlang nach oben. Dabei wanderst du mit deinen Händen langsam nach hinten und nimmst die Handstand-Position ein. Wichtig: Dabei befindet sich dein Körper die ganze Zeit unter Spannung. Dein Gesicht schaut dabei immer Richtung Wand
- Versuche in dieser Position für einige Sekunden zu bleiben.
- Durch weitere Übungen kannst du nun mehr Sicherheit und Gefühl für den Handstand gewinnen. Wenn du dich in dieser Position bereits wohl fühlst, kann du ein wenig herumexperimentieren und zum Beispiel das Gewicht erst auf die eine und anschließend auf die andere Hand verlagern. Stellt auch das keine Herausforderung mehr für euch dar, könnt ihr noch zusätzlich mit der linken Hand an die rechte Schulter fassen und umgekehrt. So verbesserst du nicht nur deinen Gleichgewichtssinn sondern stärkst vor allem auch deine Muskulatur (Arme, Schultern und Rumpf).
- Wenn diese kleine Übungen ganz gut gelingen, kannst du die Schwierigkeit nun erhöhen. Versuche mit deinen beiden Händen so nah wie möglich an die Wand zu kommen – so dass du in eine senkrechte Handstandposition gelangst.
- Zittern euch schon nach wenigen Sekunden die Hände? Dann solltet ihr noch ein paar zusätzliche Einheiten im Kraftraum absolvieren.
Schritt 2: Aufschwung lernen – Handstand zur Wand
Für den Handstand ist ein sauberer Aufschwung das Wichtigste. Hier muss man vor allem die richtige Dossierung lernen – genügend Schwung um überhaupt in die Handstandsposition zu gelangen, und nicht zu viel um sofort zu überkippen. Dafür eignet sich vor allem an einer Wand zu üben, dieses Mal schaut man jedoch bei der Ausgangsposition die Wand an.
- In der Anfangsposition stehst du etwa 2 Schritte (1,2 Meter) von der Wand entfernt
- Deine Hände setzt du etwa 20 Zentimeter von der Wand entfernt
- Nun stößt du dich mit einem Bein nach oben zur Wand
- Deine Beine streckst du bei der Aufwärtsbewegung durch und berührst mit deinen Fersen in der Endstation die Wand. Wiederhole diesen Vorgang mehrmals um ein Gefühl für den richtigen Schwung zu erhalten
- Diese Position versuchst du nun für einige Sekunden zu halten
- Sollte das ganz gut klappen, dann versuche deine Beine nun abwechselnd langsam von der Wand zu nehmen
- Nimm beide Beine von der Wand weg und versuche so lange wie möglich im Handstand zu bleiben
Wichtig: Achte bei den Ausführungen auf deine Körperspannung zu halten. Nur so wirst du schnell und erfolgreich einen Handstand lernen. Versuche die Positionen bzw. Übungen einige Sekunden zu halten und diesen wert jeden Tag zu verbessern.
Aber übertreibe das Training nicht! Deine Muskulatur muss sich erst langsam an die Belastung gewöhnen und wird am Anfang vermutlich schnell ermüden. Trainiere aus diesem Grund lieber in kürzeren Einheiten, dafür öfters.
Schritt 3: Handstand mit Hilfe
Dir gelingt es den Handstand einige Sekunden frei von der Wand zu halten? Dann ist es Zeit mit dem dritten Schritt zu beginnen.
Für diese Übung solltest du den bereits besprochenen Aufschwung aus dem FF beherrschen. Wenn ihr den Handstand selbst eingeleitet habt, packt euch euer Partner bei den Beinen sobald ihr in der 90 Grad Position angekommen seid und sorgt somit dafür, dass ihr nicht nach hinten Überkippen könnt. Verharrt nun für mindestens 10 Sekunden in dieser Position, um eure Koordination für den freien Handstand zu schulen.
Mit Hilfe eines Partners gewöhnst du dich an die Position (weg von der Wand) und kannst langsam mehr Sicherheit gelangen. Mit Hilfe deines Partners kannst du jedoch auch verschiedene Übungen zur Stabilität und Gleichgewichtssinn absolvieren.
Klappt diese Übung von Mal zu Mal besser, ist nun die Zeit gekommen auf sämtliche Sicherheitsfaktoren (Wand, Partner etc.) zu verzichten und euer Glück zu versuchen.
Schritt 4: Freier Handstand ohne Partner
Wenn du nun genügend Sicherheit und Übung hast, kannst du den Handstand nun auch alleine üben. Suche dir dafür am besten einen weichen Untergrund – somit ist es nicht ganz so schmerzhaft wenn du ein mal umkippst. Solltest du überkippen, rolle dich mit einem Purzelbaum ab.
Versuche nun den Handstand für einige Zeit frei zu stehen und diese Zeit immer weiter zu verbessern. Wenn du den Handstand für 10 Sekunden halten kannst, hast du es geschafft – du hast den Handstand gelernt!
Doch damit ist mit dem Üben noch lange nicht Schluss. Jetzt kannst du dich dich an den schwierigeren Handstand-Variationen oder dem Handstand laufen versuchen.
Handstand lernen: Die Do´s and Dont´s!
Jedes Kind weiß: Um einen hohen Lego-Turm zu bauen, ist ein stabiles Fundament oberste Prämisse. Und auch das Erlernen eines Handstandes gelingt nur dann, wenn vorab eine solide Basis, sprich entsprechende Kraft in Armen und Rumpf, geschaffen wurde. Doch das alleine reicht noch lange nicht aus: Die erfolgreiche Stabilisierung eines Handstandes beginnt nämlich mit den Handgelenken, führt über die Ellenbogen und den Schultergürtel, bis hin zum „Core“ und endet schließlich bei der korrekten Beinstellung.
Man sieht also: Die Kopfüber-Position ist keineswegs ein Kinderspiel, sondern beansprucht den gesamten Körper.
Hier die einzelnen Komponenten im Detail, die du beim Handstand lernen beachten solltest:
1. Der Aufschwung
Für die meisten ist der Aufschwung bereits der erste Stolperstein. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, erfordert doch gerade er am meisten Kraft, Stabilität und Gleichgewicht. Wie ihr diese Hürde am besten meistern könnt, erfahrt ihr hier:
Positioniere dich etwa zwei Schritte von einer Wand entfernt. Das Gesicht schaut dabei zur Wand. Beuge dich anschließend nach vorne, bis du mit den Händen circa 15 cm vor der Wand aufsetzt. Ein Bein bleibt am Boden. Mit dem stärkeren Fuß stößt du dich nun vom Boden ab und ziehst im Anschluss das zweite Bein blitzschnell nach.
Wähle den Schwung dabei so, dass du mit den Fersen leicht die Wand berührst. Am Anfang wirst du beim sogenannten „Kick up“ noch Probleme haben das richtige Maß für den Abstoß zu finden. Hier musst du einfach nach dem Prinzip „Learning by Error“ vorgehen. Um die Verletzungsgefahr zu minimieren, empfehle ich dir eine Aufsichtsperson zu engagieren.
Tipp: Übe den Aufschwung so lange, bis du im 90 Grad Winkel stehen kannst und die Fersen nur mehr im absoluten Notfall zur Absicherung benötigst.
2. Die Handgelenke
Obwohl von vielen gerne unterschätzt, stellen die Handgelenke ein zentrales Element beim Ausbalancieren des Handstandes dar. Man könnte sogar behaupten mit ihnen steht und fällt der Turm.
Lehnt man sich zum Beispiel zu weit nach vorne, kann man seinen Fehler korrigieren, in dem man durch in den Boden drücken der Handballen der Dysbalance entgegenwirkt. Umgekehrt, sprich, wenn man dazu neigt nach hinten Überzukippen, besteht die Option mit den Fingerkuppen das Gleichgewicht zu halten.
Tipp: Um den Handstand möglichst lange halten zu können, empfehle ich dir bei deinen Workouts auch dem Training deiner Finger- und Griffkraft entsprechend Zeit einzuräumen. Eine der banalsten, aber zugleich effektivsten Übungen in diesem Zusammenhang ist das Hängen an einer Klimmzugstange.
Achtung: Euer Handgelenk ist ein sehr filigranes Konstrukt. Das Aufwärmen, zum Beispiel durch Handkreisen, ist daher ein absolutes Muss! Zudem rate ich euch strikt davon ab den Handstand auf harten Untergründen (z.B. Asphalt) durchzuführen.
3. Die Ellenbogen
Über eines sind wir uns wohl alle einig: Ein ästhetisch ansprechender Handstand (zumindest der Klassische) muss geradlinig, also quasi linear, verlaufen. Aus diesem Grund ist es auch wichtig die Ellenbogen durchzustrecken und nicht etwa angewinkelt zu lassen. Es kommt schließlich nicht von ungefähr, dass der Handstand im Englischen als „Straight-Arm-Strength-Position“ deklariert wird.
Es ist zwar durchaus möglich den Handstand auch mit gebeugten Armen einzuleiten und sich erst im Anschluss aus den Schultern nach oben zu drücken. Diese Variante würde ich Anfängern jedoch nicht empfehlen, da dabei der Kraftaufwand um ein Vielfaches potenziert wird.
4. Der Schultergürtel
Dreh- und Angelpunkt des Handstand-Erfolgs ist natürlich die Schulterpartie, da sie nicht zuletzt die Hauptlast im wahrsten Sinne des Wortes „schultern“ muss. Doch nicht nur die Belastbarkeit, sondern auch die Mobilität spielt hierbei eine zentrale Rolle.
Das Problem: Der klassische Discopumper trainiert gerne primär die vordere Schulter und vergisst dabei nur allzu oft auf die nicht minder wichtige hintere Schulterpartie. Die aus diesem einseitigen Training resultierende Dysbalance führt über kurz oder lang dazu, dass der Athlet seine Schulter nicht mehr „öffnen“ kann. Das Ergebnis dieser Immobilität ist ein nach vorne gebeugter Oberkörper, der das Gesamtbild des Handstandes verschlechtert.
Außerdem sieht man leider immer wieder, dass dieser Kunstfehler durch ein Hohlkreuz („Bananenform“) zu korrigieren versucht wird. Dass bei dieser Aktion euer unterer Rücken in Mitleidenschaft gezogen wird, muss dabei wohl nicht extra erwähnt werden.
Gut gemeinter Rat: Anstatt auf Biegen und Brechen den Handstand hinauszuzögern, sollte mehr an der Technik gefeilt werden. Das Credo lautet nämlich „Kraft durch Kontrolle“ und nicht etwa umgekehrt. Wie ihr dabei am schnellsten ans Ziel gelangt, erfahrt ihr noch im Laufe des Artikels.
5. Das Becken
Da wir, wie bereits erwähnt, die Form einer Gerade anstreben und keinesfalls als „U-Hakerl“ enden wollen, gehört selbstredend auch die Hüfte durchgestreckt. Zudem ist es wichtig die gesamte Core-Muskulatur, welche die Bauchmuskeln und den unteren Rücken umfasst, anzuspannen, um ein Überstrecken der Wirbelsäule zu vermeiden. Bauchmuskeltraining und somit starke Rumpfmuskulatur sind von Vorteil beim Handstand lernen.
6. Die Beine
Wer von euch hat als Kind nicht hin und wieder im Garten die Füße wahllos in die Luft geschwungen und so sein Glück auf einen gelingenden Handstand versucht? Auf diese Weise den „Lucky Point“, also den optimalen Balancepunkt, zu finden, erwies sich als Lotteriespiel.
Hier erkennt man schon, dass auch den Füßen eine tragende Rolle zukommt. Sie sind das Tüpfelchen auf dem i und entscheiden nicht selten über Sieg oder Niederlage. Im Yoga-Bereich existieren zahlreiche Handstand-Variationen, bei denen der Oberkörper statisch bleibt, die Beinstellung jedoch die unterschiedlichsten Ausformungen annehmen kann.
Von der Skorpionhaltung über den Split-Handstand bis hin zum Straddle Handstand, hat man erst einmal einen gewissen Level erreicht, sind der Kreativität keine Grenzen mehr gesetzt. Und dass ist genau jener Punkt, an dem es dann wirklich anfängt Spaß zu machen, also unbedingt dranbleiben und durchhalten!
7. Der Abgang
Da das Beste bekanntlich zum Schluss kommt, sollte auch der Abgang weder willkürlich, noch unkontrolliert erfolgen, sondern stets mit Bedacht ausgeführt werden. Genau das unterscheidet auch den Profi vom Laien.
Tipp: Versucht euch immer seitlich aus dem Handstand rauszudrehen, bevor ihr zu sehr ins Hohlkreuz verfallt, oder sogar überkippt. Haltet dabei immer die Körperspannung, um die Schulterpartie und eure Wirbelsäule nicht unnötig zu belasten.
Bevor ich euch nun einige Vorübungen aufzeige, die euch bei gewissenhafter Umsetzung in den Handstand-Olymp katapultieren werden, möchte ich noch kurz darauf eingehen, warum es sich überhaupt lohnt dieses Kunststück zu beherrschen:
Handstand lernen: Wozu überhaupt?
Nun, da du diesen Artikel gerade liest, gehe ich stark davon aus, dass du dich fest dazu entschlossen hast, den Handstand zu lernen und in dein Übungsrepertoire aufzunehmen. Eine Entscheidung, die du mit Sicherheit nicht bereuen wirst!
Dabei wird jeder von euch einem anderen Motiv folgen. Während der eine die Intention hegt lediglich Eindruck schinden zu wollen, wird ein anderer den Handstand als Grundlage für die sportliche Disziplin seiner Wahl benötigen. Ob in der Akrobatik, beim Breakdance, oder als zentrales Element in der brasilianischen Kampfsportart Capoeira, das Einsatzgebiet des Handstandes ist äußerst facettenreich.
Auch in der beliebten philosophischen Lehre der Inder, dem Yoga, ist der Handstand unerlässlich. Unter dem Begriff „Adho Mukha Vrksasana“, also Baum der auf dem Kopf steht, wird ihm hier sogar eine spirituelle Komponente zugesprochen. Demnach soll das Auf-dem-Kopf-Stehen unsere Blutversorgung im Gehirn forcieren und so unser Denkvermögen positiv beeinflussen.
Ob das stimmt? Ich weiß es nicht. Wovon ich hingegen überzeugt bin ist, dass es mental bereichernd sein kann einmal die Perspektive zu wechseln, die Welt aus einen anderen Blickwinkel zu betrachten und ganz nebenbei die menschliche Urangst des Fallens zu überwinden. Vom körperlichen Standpunkt aus lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass das Balancieren auf den Händen zum einen den gesamten Körper stärkt und stabilisiert und zum anderen den Gleichgewichtssinn wie kaum eine andere Übung schärft.
Was trainiert der Handstand?
- trainiert die Koordination
- verbessert den Gleichgewichtssinn
- stärkt die Muskulatur (vor allem Rumpf, Schultern und Trizeps)
Handstand lernen: Tipps, Tricks & Vorübungen
Jeder von euch hat folgende Allerwelts-Weisheit schon einmal zu Ohren bekommen: Übung macht den Meister! Doch welche konkreten Übungen machen hinsichtlich des Erlernens eines Handstandes Sinn?
Zunächst solltet ihr die nötige Kraft aufbauen, um euer eigenes Körpergewicht bestmöglich kontrollieren zu können. Dazu empfehle ich folgende Fitnessübungen:
1. Military Press / Schulterdrücken
Wie bereits im oberen Teil erwähnt ist die Schulterkraft das A und O beim Handstand. Meine Empfehlung: Schnappt euch zwei Kurzhanteln und eine Schrägbank, setzt euch aufrecht hin und drück die Gewichte ausgehend von euren Schultern über euren Kopf nach oben.
Da es unser Ziel ist Kraft, und nicht etwa Muskeln, aufzubauen, trainieren wir im niedrigen Wiederholungsbereich. Bedeutet: Wählt ein Gewicht, welches ihr maximal für fünf bis sechs Wiederholungen bewegen könnt. Der Military Press ist eine sogenannte Verbundsübung und beansprucht daher mehrere Muskelgruppen gleichzeitig.
2. Liegestütze in V-Form
Die Liegestütze ist ein echter Klassiker unter den Körpergewichtübungen und obendrein sehr wirkungsvoll. Um diese Übung für unsere Zwecke zu modifizieren und dadurch noch effektiver zu gestalten, empfehle ich euch die V-Form Liegestütze. Dabei wird das Gesäß nach oben gestreckt, sodass unser Körper an der Hüfte „einknickt“. Durch diesen kleinen Trick lastet noch mehr Druck auf unseren Schultern.
Diese Übung ist sehr empfehlenswert, da ihr zum einen lernt mit eurem Eigengewicht zu arbeiten und zum anderen diese Bewegung dem Aufschwung in den eigentlichen Handstand schon sehr nahekommt. Tipp: Wer es bequemer haben möchte, kann seine Beine auch einfach auf eine Erhöhung (z.B. Hantelbank) platzieren, um so den gewünschten Winkel zu generieren.
3. Hollow Rock
Eine Übung die weniger bekannt, aber deswegen keineswegs weniger essentiell ist, nennt sich Hollow Rock. Hier liegt nicht so sehr der Kraftaufbau, sondern primär das Erreichen einer soliden Körperspannung im Fokus.
Die Übungsausführung: Wir legen uns ausgestreckt und mit dem Rücken nach unten auf den Boden. Anschließend spannen wir unser Gesäß so fest wie möglich an. Im nächsten Schritt heben wir die Beine vom Boden ab und strecken unserer Hände ebenfalls nach hinten über den Kopf aus. Im Anschluss heben wir noch unseren Oberkörper leicht an, sodass eine konstante Spannung erzeugt wird. Das Ziel liegt jetzt darin diese Position so lange wie möglich zu halten. Anfängern empfehle ich 15 Sekunden Belastung (Anspannung), gefolgt von einer 60 sekundigen Pause (Entspannung).
Für alle Fortgeschrittenen unter euch: Wem das zu einfach von der Hand gehen sollte, der kann die Übung noch intensivieren indem man leicht nach vorne und hinten wippt.
Wenn ihr ausreichend Kraft getankt habt, geht es ans Eingemachte:
4. Die Brücke
Die Brücke bietet eine der besten, wenn auch nicht gerade eine der einfachsten Möglichkeiten, um seine Mobilität zu verbessern. Mit dieser Übung wird die gesamte dorsale Muskelgruppe (Unterschenkel, Gesäß, unterer Rücken, Wirbelsäule) aktiviert und sie ist somit eine der fundamentalsten Mobilisierungsübungen.
Um eine Brücke zu meistern erfordert es nicht nur Kraft und Körperspannung, sondern auch eine große Portion Beweglichkeit. Lege dich für die Ausgangsposition auf den Rücken und stelle dabei deine Beine angewinkelt auf den Boden ab. Anschließend werden die Arme angewinkelt und die Handflächen so neben dem Kopf abgesetzt, dass die Fingerspitzen in Richtung Schultern zeigen. Die Daumen sollten sich dabei auf Ohrenhöhe befinden.
Im nächsten Schritt drücken wir unseren Oberkörper mit Hilfe der Arme und Beine vom Boden ab und bilden dabei einen Bogen. Wichtig: Um wieder in die Ausgangsposition zurück zu gelangen senken wir unseren Oberkörper wieder langsam nach unten ab.
Der Handstand: Wissenswertes & Unnütze Fakten
Zum Abschluss möchte ich euch noch ein paar „Fun Facts“ mit auf dem Weg geben, mit denen ihr beim zukünftigen Handstand-Training vor euren Freunden ein wenig auftrumpfen könnt:
Fakt #1: Wusstet ihr zum Beispiel, dass der Niederbayer Ludwig „Lucki“ Hofmaier bereits 1967 die Strecke von Regensburg bis nach Rom auf Händen zurücklegte. Beachtliche 1070 Kilometer und hunderte verschlissene Handschuhe später lief der akrobatische Deutsche in den Vatikan ein. „Ein Wunder“, wie der damalige Papst Paul VI. bestätigte.
Fakt #2: Der Österreicher Johann Hurlinger lief kopfüber von Wien nach Paris – erstaunliche 1400 Kilometer! Er verharrte dabei jeden Tag zehn Stunden in der Handstand-Position und erreichte sein Ziel schon nach 55 Tagen – ob das per pedes auch so schnell gegangen wäre?
Fakt #3: Der Australier Aerial Manx balancierte sage und schreibe 8,47 Sekunden auf den Händen. Nicht viel sagt ihr? Bevor ihr behauptet, dass ihr das auch locker schaffen würdet, muss noch ein kleines Detail erwähnt werden: Der Australier vollbrachte das Kunststück nämlich auf einen Scherbenhaufen und schluckte dabei obendrein ein Schwert!
Fakt #4: Die Amerikanerin Jennifer Stanley schaffte es mit ihrer Handstand-Variation sogar ins Guinness Buch der Rekorde. Der Gymnastikerin gelangen nach dem fünften Versuch 30 Pirouetten am Stück.
Fakt #5: Und auch ihr Landsmann Sam Tartamella verewigte sich mit einer verrückten Aktion im Buch der Rekorde. Der Amerikaner fuhr mit dem Skateboard 690 Meter ohne einmal abzusetzen – und das natürlich alles auf Händen. Um dem Ganzen noch eines draufzusetzen versuchte Sam seine Zirkusnummer nicht etwa auf einem abgesperrten Parkplatz, sondern auf offener Straße bei fließendem Verkehr! Wenn ihr mir nicht glaubt, seht selbst:
Abschließende Gedanken
Damit ihr euch gleich, im wahrsten Sinne des Wortes, Hals über Kopf ins Handstand-Training stürzen könnt, versuche ich diesmal das „Outro“ so kurz wie möglich zu halten.
Wie lange dauert es einen Handstand zu lernen?
Auf eine Sache möchte ich aber noch zu sprechen kommen. Und zwar auf die häufig gestellte Frage, mit welchem Zeitaufwand denn das Erlernen eines Handstandes verbunden sei. Wie schnell kann man den Handstand lernen?
Nun, diese Art von Fragen sind immer etwas heikel zu beantworten, da eine exakte Prognose faktisch unmöglich ist. Dafür ist sie einfach von zu vielen, individuellen Faktoren (Kraftwerte, Vorkenntnisse, Mobilität des Athleten) abhängig. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass die zwei entscheidenden Elemente beim Einstudieren des Handstandes Übung und Geduld sind. Das Bewegungsmuster ist für unseren Körper völlig gegen sein Naturell und lässt sich somit nur durch konzentriertes und vor allem kontinuierliches Wiederholen einprägen.
Mein Abschlussappell lautet daher wie folgt: Baut das Handstand-Training bei jedem eurer normalen Workouts ein und nehmt euch dafür mindestens zwischen 10 und 15 Minuten Zeit. Wenn ihr diesen und die vielen anderen, in diesem Artikel angeführten, Ratschläge beherzigt, wird sich auch für euch der Handstand von einer buchstäblichen Gratwanderung über kurz oder lang in ein wahrliches Kinderspiel transformieren!
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